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Das Saarwerdenviertel erhalten


Von Prof. Dr. Albert Günther   6. 2020


Im linksrheinischen Düsseldorf vollzieht sich in den letzten Jahren ein rasanter Wandel aufgrund der enormen Bautätigkeit, die zu einer starken Verdichtung der Wohnbebauung führt. Da im Stadtbezirk 4 so gut wie keine Freiflächen mehr vorhanden sind, werden künftig mehr und mehr bebaute Grundstücke und Siedlungen mit Gärten vom Abriss betroffen sein. Die vorhandene Bausubstanz bedarf daher des Schutzes durch die Stadt, wenn sie historisch wertvoll und in ihrer Ursprünglichkeit noch weitgehend unverändert erhalten ist. 


Eines der Gebiete, auf das diese Voraussetzungen zutreffen, stellt das Saarwerdenviertel dar, das in Höhe des Seesterns südlich der Brüsseler Straße liegt und im Wesentlichen die Saarwerdenstr., die Maasstr., die Niersstr., die Schwalmstr. sowie den Niederkasseler Kirchweg zwischen Kreuzung Saarwerdenstr. und Hansaallee umfasst. Dieses Viertel ist im Wesentlichen im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, z. T. als Postsiedlung, errichtet worden und geprägt durch Einzel-, Gruppen- und Reihenbauten, die ein städtebauliches Ensemble ergeben. Noch heute hat dieses Wohngebiet einen dörflichen, niederrheinischen Charakter. Rund ein Dutzend der Wohnhäuser sowie die ehemalige Christus-König-Kirche stehen unter Denkmalschutz. Fast alle Gebäude befinden sich in einem reizvollen historischen und städtebaulichen Kontrast zu den eher großbürgerlichen Wohnhäusern des Oberkasseler Kernbereichs und weisen die für Rand- bzw. Dorflagen damals typische kleinmaßstäbliche Bebauung auf. Diese Kleinmaßstäblichkeit der Baukörper stellt eine besondere städtebauliche Eigenart des Viertels dar. Sie zeigt die Unterschiedlichkeit der historischen Bebauung und Entwicklung im Stadtbezirk 4 und hat eine ortsbildprägende Wirkung für Oberkassel, die erhaltenswert ist und dauerhaft sichergestellt werden sollte. Dafür setzten sich vor allem die Initiative „Erhaltung des Saarwerdenviertels“ sowie einige hundert Bewohner und Besucher des Saarwerdenviertels ein. Ebenso haben sich der  Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, die Düsseldorfer Jonges und der VVV für den Erhalt des Saarwerdenviertels ausgesprochen.

Die Untere Denkmalbehörde der Landeshauptstadt Düsseldorf gelangte im Frühjahr 2017 zu der fachlichen Einschätzung, es handele sich „bei der städtebaulichen geschlossenen Gesamtanlage um eine geschichtlich wertvolle Anlage im Sinne des Denkmalschutzes. Mit der Unterschutzstellung soll verhindert werden, dass die in den 1920er Jahren als bürgerliche Gemeinschaftsanlage konzipierte Siedlung Stück für Stück aufgegeben und umgestaltet wird.“ Das mit der Angelegenheit ebenfalls befasste Amt für Denkmalpflege im Rheinland lehnte zwar eine Unterschutzstellung des Saarwerdenviertels gemäß Denkmalschutzgesetz NRW ab, empfahl der Stadt Düsseldorf jedoch, zur Sicherung der städtebaulichen Werte des Saarwerdenviertels eine „Erhaltungssatzung gemäß BauGB“ zu erlassen. 


Dieser Empfehlung will die Stadt Düsseldorf unter Verweis auf ein von ihr in Auftrag gegebenes und bezahltes juristisches Gutachten nicht nachkommen, weil vor allem auf den Rück- und Schmalseiten der Hausgruppen z. T. größere Anbauten vorgenommen worden sind. Stattdessen beabsichtigt die Stadt im Rahmen der Bauberatung auf zukünftige Bauwillige einzuwirken. Diese Möglichkeit stand der Stadt allerdings bereits in den vergangenen Jahrzehnten zur Verfügung, ohne dass sie die von ihr nun kritisieren Anbauten vermieden hat. Im Übrigen verweist die Stadt auf die bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Instrumente der Zurückstellung von Baugesuchen und der Veränderungssperre. Beides sind zeitlich befristete Maßnahmen, die nur unter besonderen Voraussetzungen getroffen werden dürfen und sich aufgrund der mit ihnen einhergehenden Eilbedürftigkeit schnell als untauglich erweisen können. Erforderlich ist daher vielmehr eine jetzt zu treffende normative, satzungsmäßige Regelung, die von vornherein den Erhalt des Viertels sichert und klarstellt, ob und ggfs. welche baulichen Veränderung in Zukunft vorgenommen werden dürfen.  


Der VVV fordert die Stadt Düsseldorf auf, unverzüglich wirksame normative Regelungen zum Schutz des Saarwerdenviertels zu erlassen.